Neustart

„Im Scheitern lernt man mehr, als wenn man immer nur erfolgreich ist.“

In der EOD GmbH startete die Marke Groundies 2019 mit der Idee, Barfußschuhe salonfähig zu machen. Es lief gut, doch nach dem Tod des Gründers im Jahr 2021 schlitterte die EOD im krisenbedingt schwierigen Umfeld trotz Restrukturierung 2023 in die Insolvenz. Weltbild D2C kaufte die Schuhmarke und gründete die Groundies GmbH. Heute ist das Unternehmen eine 100-prozentige Tochter der Droege Group und wieder auf Erfolgskurs. Ein Interview mit Groundies-Geschäftsführer Philip Raum, der seit 2020 den Aufbau der Marke begleitet.

Philip Raum ist Betriebswirt mit internationaler Erfahrung im Marken-, Produkt- und Produktionsaufbau. Seit 2020 betreut er die Marke Groundies. 2021 wurde er Geschäftsführer der EOD GmbH, im Juli 2023 Geschäftsführer der Groundies GmbH. Bild: © Groundies GmbH

Herr Raum, in der Insolvenz stand Groundies kurz vor dem Aus. Was ermöglichte die Erfolgswende?

Philip Raum: Am strategischen Ziel haben wir nichts geändert, das Geschäftsmodell aber deutlich verschlankt. Wir haben die Logistik und den Kundenservice outgesourct, unsere Stores geschlossen, Positionen teils neu besetzt und uns deutlich verkleinert. Um wirtschaftlich stabil zu bleiben, verfolgen wir zudem eine potentialgetriebene Schritt-für-Schritt-Strategie. Mit Erfolg. Bereits 2023 konnten wir als Gewinn einen sechsstelligen Betrag verbuchen, 2024 einen soliden einstelligen Millionenbetrag.

Warum war das erst nach der Insolvenz möglich?

Unternehmen fällt es schwer, altbewährte Zöpfe abzuschneiden und in aller Konsequenz die aus heutiger Sicht erforderlichen Dinge anzupacken. Man sagt sich, wir kommen schon irgendwie durch. Doch am Ende braucht es harte Entscheidungen. Unter Insolvenzdruck entscheidet man radikaler als im normalen Change.

Was bedeutet potentialgetriebene Schritt-für-Schritt-Strategie?

Indem wir global die Nummer 1 im Barfußschuhsegment werden und zudem den klassischen Schuhmarkt erobern, wollen wir in den nächsten Jahren auf rund 100 Mio. Euro Umsatz wachsen. Allerdings haben wir keinen klassisch engen zeitlichen Rahmen dahinter gesetzt, sondern sagen: Jeder Schritt, den wir gehen, muss sich auszahlen, bevor wir den nächsten gehen. Beispiel Internationalisierung: Erster Schritt war, in Deutschland profitabel zu werden. 2025 machen wir den zweiten Schritt in den US-Markt. Wir internationalisieren also nicht aus der Not heraus, sondern weil wir es uns leisten können, das Potential in den jeweiligen Märkten anzugehen. Das Risiko, dass wir durch diese Vorgehensweise ab und an das Momentum verlieren, als Erster in einen Markt zu gelangen, nehmen wir zugunsten wirtschaftlicher Stabilität gerne in Kauf. Wir wollen vernünftiges Wachstum generieren.

Gibt der globale Barfußschuhmarkt das angestrebte Wachstum her?

Er ist einer der spannendsten Märkte in der gesamten Schuhmode, da er sich gerade mehr und mehr vom Nischen- zum Massenmarkt entwickelt. Durch den Megatrend Gesundheit wird sich das Marktvolumen von momentan ca. 450 Millionen Euro Umsatz bis in vier Jahren voraussichtlich auf eine Milliarde Euro verdoppeln. Das ist ein fantastisches Potential für Groundies. Unsere Schuhe sind nicht nur schön, sondern auch gesund.

Groundies GmbH
Philip Raum, Geschäftsführer der Groundies GmbH

Haben Sie etwas im Produktbereich geändert?

Wir legen noch mehr Fokus auf Qualität und Markenentwicklung. Man darf bei allem Antrieb im Hier und Jetzt den kommerziellen Erfolg sicherzustellen, nicht die mittel- und langfristige Perspektive vergessen. Es braucht ein ausbalanciertes Verhältnis zwischen Markenentwicklung und kommerziellem Erfolg. Einmal gewonnene Kunden zu halten, geht nur über die Qualität, auch wenn das bedeutet, auf ein paar Prozentpunkte Marge zu verzichten.

Haben Sie und Ihre Mitarbeitenden wieder Vertrauen in die Zukunft?

Ja. Mitentscheidend dafür war die Gründung der Groundies GmbH. Durch den damit einhergehenden kulturellen Wandel tragen die Mitarbeitenden bei uns Verantwortung und identifizieren sich mit dem Unternehmen. Hinzu kommt die Transparenz. Alle Groundies-Mitarbeitende kennen Strategie und Zahlen, haben Zugriff auf unser Business-Intelligence-System und treffen sich monatlich zu Townhall-Meetings. Im Channel-Owners-Club diskutieren wir zudem alle zwei Wochen, die KPIs, die für die Entwicklung unseres Geschäftsmodells bedeutsam sind. Natürlich haben auch wir Sorgen. Doch die Erfahrungen aus der Insolvenz helfen uns. Im Scheitern lernt man mehr, als wenn man immer nur erfolgreich ist.

Zum Unternehmen

Die Groundies GmbH mit Sitz in Freiburg hat 40 Mitarbeitende. Das Unternehmen bietet online sowie über den klassischen Handel Barfußschuhe an, die modernes urbanes Design mit gesundheitlichen Vorzügen verbinden. Entwickelt wird in Deutschland, produziert bei ausgewählten Partnern in Portugal und Vietnam, mit denen nicht nur die hohe Qualität sichergestellt ist, sondern zudem ein sozial, ökologisch und ökonomisch immer nachhaltigeres Produzieren.

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