Berufliche Repositionierung: Kreative Lösungen bei strukturellen Veränderungen im Unternehmen
Es bieten sich verschiedene Optionen an. Die größte Herausforderung ist oftmals eine Hürde im Denken.
Der Begriff „Ghosting“ bezeichnet einen plötzlichen und unerwarteten Kontaktabbruch ohne erkennbaren Grund. Ein Phänomen, das in letzter Zeit auch in Bewerbungsprozessen zugenommen hat. Kandidaten bewerben sich, führen ihr erstes und zweites Gespräch und erhalten ggf. sogar einen Arbeitsvertrag. Doch plötzlich lassen sie das Unternehmen im Ungewissen. Es erfolgt keine Absage, keine weitere Kommunikation — nichts. Ab einem gewissen Zeitpunkt melden sich diese „Talente“ einfach nicht mehr, reagieren auf keine Mails oder Anrufe, sondern verschwinden wie ein Geist.
Ein wesentlicher Grund für dieses Verhalten liegt in der veränderten Arbeitsmarktsituation: Bewerber können sich heute ihre Stelle in vielen Branchen und Funktionen aussuchen und sind in der Lage, zwischen mehreren interessanten Stellenangeboten bzw. Arbeitgebern zu wählen. Dies führt dazu, dass Stellensuchende zwei oder mehr Verträge gleichzeitig verhandeln, dies aber nicht offen kommunizieren. Für die Unternehmen bedeutet eine unerwartete Absage, dass sie viel Zeit verlieren und die Suche kostenintensiv von vorne beginnen müssen. Denn in der Zwischenzeit haben andere Kandidaten bereits abgesagt oder andere Stellen angenommen.
Unternehmen sind daher gefordert, ihren gesamten Bewerbungsprozess auf den Prüfstand zu stellen. Insbesondere die Kenntnis der eigenen Attraktivitätsfaktoren, Schnelligkeit im Bewerbungsprozess sowie eine klare und verbindliche Kommunikation sind entscheidend, um gute Kandidaten für sich zu gewinnen.
Attraktivitätsfaktoren sind die Anreize, die Unternehmen bieten, um die besten Talente anzuziehen und zu binden. Dazu gehören neben einer marktgerechten Vergütung auch flexible Arbeitszeitmodelle, wie beispielsweise mobiles Arbeiten sowie umfassende Möglichkeiten zur beruflichen und persönlichen Weiterbildung. Eine sinnvolle Tätigkeit, die zur persönlichen Entwicklung beiträgt, und eine positive Arbeitsatmosphäre, geprägt von Wertschätzung und guter Zusammenarbeit, sind ebenfalls wichtige Faktoren. Darüber hinaus spielt die Reputation eines Unternehmens eine entscheidende Rolle, die sich unter anderem in positiven Arbeitnehmerbewertungen auf sozialen Medien widerspiegelt. Viele Unternehmen kennen ihre Attraktivitätskriterien einfach nicht und haben daher Schwierigkeiten, diese zu kommunizieren und gute Bewerber zu rekrutieren.
Eine erste Reaktion auf eine Bewerbung sollte schnell, z.B. innerhalb einer Woche, erfolgen. Selbst ein Zwischenbescheid ist besser als keine Kommunikation. Normalerweise reichen maximal zwei Interviews in kurzer Zeit aus, um die drei großen Entscheidungsmerkmale „Können, Wollen und Passen“ zu bewerten. Bei vielen Unternehmen dauert der Bewerbungsprozess deutlich zu lange. Dann besteht die Gefahr, dass sich der Bewerber ggf. schon anderweitig orientiert, sein Interesse verliert oder bereits mit einem anderen Arbeitgeber im Gespräch steht.
Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass das zweite Vorstellungsgespräch gut vorbereitet wird. z. B. durch die Vorbereitung einer Präsentationsaufgabe durch den Bewerber, die Anfertigung einer Arbeitsprobe oder eine vergleichbare Aufgabe. Bewerber, die kein wirkliches Interesse an der Position haben, ist der Vorbereitungsaufwand oftmals zu hoch. Sie sagen schon in dieser Phase ab. Zudem hat es sich bewährt, den Kandidaten vor Vertragsunterzeichnung zu einem „Probearbeitstag“ einzuladen. Hier kann er seinen zukünftigen Arbeitsplatz und seine neuen Kollegen kennen lernen. Und er hat die Möglichkeit, die unterschiedlichen Unternehmensbereiche zu besichtigen, um sich ein genaueres Bild von der Organisation und der Stelle zu machen.
Dr. Matthias Rode
Partner, Internationaler Headhunter & Chairman AGILIUM Worldwide Executive Search Group
Liebich & Partner
Dr. Matthias Rode ist ein erfolgreicher, internationaler Headhunter mit umfassender Erfahrung bei der Besetzung unternehmenskritischer Positionen. Mehr als die Hälfte seiner Stellenbesetzungen haben einen internationalen …
ProfilEs bieten sich verschiedene Optionen an. Die größte Herausforderung ist oftmals eine Hürde im Denken.
Eine Frage, zwei Meinungen. Die Debatebattle ist eröffnet. Eine Einladung zum Diskurs mit offenem Ausgang.
Thema dieser LuPe-Ausgabe: Wie kann es Unternehmen und Führungskräften gelingen, in Umbruchzeiten vornewegzugehen.