Referenzbericht

Global Footprint: Produktions- und Internationalisierungsstrategie der ENTECCOgroup

„Wir verkaufen 100 Prozent Umweltschutz. Da können wir nicht per Containerschiff Bauteile durch die Welt transportieren.“

Foto: ENTECCOgroup

Die auf Umwelttechnik spezialisierte ENTECCOgroup wächst. Sie hält trotz Krisen und volatilem Umfeld konsequent an ihrer Produktions- und Internationalisierungsstrategie fest. Ein Gespräch mit dem Gesellschafter und Geschäftsführer Michael Auer über Standortentscheidungen im globalen Markt.

LuPe: Herr Auer, gewinnt die Umwelttechnik mit Blick auf die teils schärfer werdenden Klimaschutzregularien für die Industrie an Bedeutung?

Michael Auer: Definitiv. Bei den technologischen Verfahren zum Schutz der Umwelt unterscheidet man die Hauptfelder Gewässerschutz, Luftreinhaltung, Bodenschutz, Erneuerbare Energien. Wir arbeiten im Bereich der Luftreinhaltung: laut Prognos Schweiz ein weltweiter Markt von circa 125 Milliarden US-Dollar, der jährlich um 7 bis 8 Prozent wächst. Der größte Markt ist Nordamerika mit 17 Milliarden US-Dollar. Der deutsche Markt liegt bei 5 Milliarden Dollar, wobei – wir sind eine Exportnation – viel internationales Geschäft dabei ist. Getrieben wird das Wachstum durch staatliche Anforderungen an die Industrie, hier in Deutschland beispielsweise durch die Bundes-Immissionsschutzgesetze und die TA-Luft.

Sie bieten Luftfilteranlagen.

Ja. Im Grunde sind wir eine Art Staubsaugerverkäufer, der für verschiedene Schwerpunktindustrien, die passenden Arten der Luftfiltration bietet. Bei der Produktfiltration fangen wir Produktstäube auf und führen sie zurück in den Prozess. Bei toxischen Stäuben, wie sie beispielsweise bei der Verbrennung von Biomasse oder Reststoffen entstehen, filtern wir die Schadstoffe aus und binden sie über Additive, sodass sie entsorgt oder eingelagert werden können.

Umwelttechnik ist ein globales Geschäft. Wo liegen Ihre Zielmärkte?

Wir haben für uns als kleine Unternehmensgruppe definiert, dass nicht die Größe der Zielmärkte ausschlaggebend ist. Wie wollen dahin, wo die Schlüsselindustrie für unsere Lösungen sitzt und wo wir bereits Netzwerke, also Kontakte und Kooperationspartner haben. Dazu zählt neben Europa und Nordamerika auch Indien. Das starke wirtschaftliche Wachstum macht Indien zum Zukunftsmarkt für Umweltschutz- und Luftreinhaltung. Zudem wollen wir über Indien auch den Wachstumsmarkt Afrika bedienen. Dabei zielen wir vor allem auf Foreign Investors, denn von ihnen wird beim Bau von Produktionsanlagen gefordert, dass sie die Umweltauflagen ihres Heimatlandes erfüllen.

Michael Auer ist Maschinenbauingenieur und seit 1999 in der Umwelttechnik, speziell im Bereich Luftreinhaltung tätig. Er ist Mitgründer, Gesellschafter und Geschäftsführer der ENTECCOgroup. Darüber hinaus ist er ehrenamtlicher Vorstandsvorsitzender der Plattform Umwelttechnik e.V. Baden-Württemberg.

Michael Auer
Mitgründer, Gesellschafter und Geschäftsführer
ENTECCOgroup

Warum nicht China?

China ist zwar ein großer und interessanter Markt, doch weder die chinesische Mentalität, die dort gelebten Werte noch das politische System stehen in Einklang mit meinen Wertevorstellungen und meinem Demokratieverständnis. Vor der Gründung der Entecco-Group habe ich als Maschinenbauingenieur Projekte in China betreut. Als Unternehmer nehme ich mir die Freiheit, dorthin keine Anlagen zu liefern.

Wie sind Sie in Ihren Marktregionen vertreten?

Die Entecco-Group wurde 2010 gegründet. Die Zentrale sitzt in Deutschland, in Österreich produzieren wir für Europa, in Polen haben wir einen Vertriebssatelliten. Wir machen rund 60 Prozent unseres Umsatzes im europäischen Markt. Seit 2016 haben wir zudem einen Produktionsstandort in den USA. Über diese Kopie unseres österreichischen Standortes können wir den nordamerikanischen Markt, also Kanada und die USA, sowie unseren Zielmarkt Mexiko bedienen. Der Umsatzanteil liegt mittlerweile bei 30 Prozent. 2021 folgte die Gründung unserer indischen Produktionstochter, mit der wir aktuell 10 Prozent unseres Umsatzes machen.

Die ENTECCOgroup hat ihren Umsatz von 5 Millionen Euro in 2011 auf 50 Millionen in 2023 verzehnfacht. Waren die Schritte ins Ausland die logische Konsequenz des Wachstumskurses?

Ab einem bestimmten Volumen können wir einen außereuropäischen Markt nicht mehr sinnvoll von Österreich aus bedienen. Die Transportkosten für unsere bis zu 50 Meter hohen Filteranlagen, der damit verbundene Zeitaufwand und die Umweltbelastungen wären nicht mehr vertretbar. Wir haben daher eine Produktions- und Internationalisierungsstrategie aufgesetzt, die uns erlaubt, die drei uns wichtigen Weltmarktregionen regional zu bedienen. Die erste Phase mit dem Aufbau der Produktionsstätten in USA und Indien ist Ende 2024 abgeschlossen. Dann können wir alle Produkte an allen drei Standorten herstellen.

Und Sie profitieren in mehrfacher Hinsicht.

Wir erweitern unsere Produktion. Wir sparen Zeit und Kosten durch den regionalen Zugang zu benötigten Ressourcen und den Wegfall weiter Transportwege. Wir verringern unseren Carbon Footprint. Wir sind nah an unseren Kunden, denn Filter Business ist auch hinsichtlich der Serviceleistungen ein Local Business. Unterm Strich stärkt die Drei-Standort-Strategie unsere Resilienz.

Was folgt in der zweiten Strategiephase?

Wir haben an allen drei Standorten eine Assembly Production. Das heißt, wir haben eine geringe Fertigungstiefe, kaufen Komponenten vom Stahlbau bis zur Elektrik regional zu, die von den Unterlieferanten just-in-time geliefert werden, und stellen dann die Filteranlage fertig. Bisher macht unsere Arbeit im Grunde nur 20 Prozent des Umsatzes aus. Mittlerweile haben wir in Europa jedoch ein Produktionsvolumen erreicht, bei dem sich eine Erhöhung der Fertigungstiefe, also die Eigenfertigung der bislang zugekauften Produkte, lohnt. Die entsprechende Produktionserweiterung in Österreich oder Deutschland umzusetzen, ist aufgrund der wirtschaftlichen und regulatorischen Rahmenbedingungen problematisch. Denken Sie an Punkte wie Rohmaterial-, Energie- und Personal-Verfügbarkeit. Daher haben wir uns für den Bau eines weiteren Produktionswerkes in Rumänien entschieden, das bereits ab Sommer 2024 Komponentenzulieferer für unsere österreichische Produktion sein wird.

Die Standorte in den USA und in Indien werden nicht vom rumänischen Werk beliefert?

Nein. Wir bauen und verkaufen mit unseren Filteranlagen 100 Prozent Umweltschutz. Da können wir nicht per Containerschiff Bauteile durch die Welt transportieren. Vielmehr ist unser Ziel, auch in diesen beiden Marktregionen auf Insourcing umzustellen, sobald dort das kritische Produktionsvolumen erreicht ist. Das ist unsere Phase drei.

Haben sich die vielen Krisen auf Ihr Geschäft und Ihre Strategie ausgewirkt?

Sie haben uns, wie jedes andere Unternehmen auch, belastet. Sie waren nicht Auslöser für unsere Strategie, haben sie aber in der Umsetzung beschleunigt.

Über die ENTECCOgroup

Die 2010 gegründete, global tätige ENTECCOgroup mit Hauptsitz in Lahr im Schwarzwald hat ihr Geschäft über eine klassische Buy-and-Build-Strategie ausgebaut. Unter ihrem Dach finden sich sechs Marken, über die Luftfilteranlagen für verschiedene Industriezweige angeboten werden. Das Unternehmen mit 115 Mitarbeitenden erwirtschaftete im Jahr 2023 einen Umsatz von 50 Millionen Euro. Die Entecco-Group schätzt die Recruiting-Leistung von Liebich & Partner. Die Stellenbesetzungen erfolgen fachlich und menschlich auf den Punkt.

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Günter Walter
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