Referenzbericht

„Wir sind beim Absatz, aber auch bei der Beschaffung auf eine globalisierte Wirtschaft angewiesen.“

Das Familienunternehmen Stihl mit Stammsitz in Waiblingen ist ein Global Player, der motorbetriebene Geräte für Forst-, Landwirtschaft, Garten- und Landschaftspflege entwickelt, fertigt und vertreibt. Ein Gespräch mit Martin Schwarz, seit Januar 2020 Vorstand Produktion und Materialwirtschaft, über Risikominimierung in schwierigen Zeiten.

Foto: Andreas Stihl AG & Co. KG

Martin Schwarz ist nach Stationen in der Automobilzulieferbranche seit 2012 bei der Stihl AG. Seit ersten Januar 2020 ist er als Vorstand Produktion und Materialwirtschaft unter anderem für die Fertigungsstandorte in Deutschland, Österreich, Schweiz, in den USA, in Brasilien, China und auf den Philippinen verantwortlich. Stihl wurde 1926 gegründet und verkauft seine Produkte heute in über 160 Ländern der Welt. Liebich & Partner unterstützt das Unternehmen in Veränderungsprojekten und bei der individuellen Begleitung von Führungskräften.

LuPe: Herr Schwarz, viele Komponenten in Stihl-Produkten werden eigengefertigt. Warum?

Martin Schwarz: Das gründet in den Urfesten des Unternehmens: Wir entwickeln Spitzentechnologie. Durch die Eigenfertigung können wir Kernkomponenten ohne Kompromisse auf unsere Anforderungen abstimmen. Das machen wir schon lange so. Unser Unternehmensverbund wächst seit über 50 Jahren, beginnend mit der Gründung eines Magnesium-Druckgusswerkes in der Eifel 1971. Mittlerweile fertigen wir unsere Komponenten in weltweit sieben Ländern. Doch auch bei einer Fertigungstiefe von über 50 Prozent kaufen wir natürlich Teile zu und pflegen dabei ausgeprägt langjährige, partnerschaftliche Lieferantenbeziehungen.

LuPe: Waren oder sind Ihre globalen Lieferketten von pandemie- oder kriegsbedingten Problemen betroffen?

Martin Schwarz: Es gab erhebliche Probleme beim internationalen Transport und die Effekte dauern an. Wir investieren daher sowohl in unseren Fertigungsverbund als auch bei Lieferanten, um die internen und externen Lieferketten zu verkürzen. Der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, den wir auf das Schärfste verurteilen, trifft uns doppelt: Wir mussten die Belegschaft unserer Vertriebsgesellschaft in Kiew samt Familien in Sicherheit bringen. Außerdem haben wir mit unseren ukrainischen Lieferanten für Kabelbäume und Gummiteile versucht, das Risiko für Menschen und vor Lieferausfällen zu reduzieren, zum Beispiel durch die Reaktivierung von Schutzräumen. Ein Teil der Produktion wurde in andere Länder verlagert oder in unsere Eigenfertigung aufgenommen.

LuPe: Welche Konsequenzen hat die Situation für Ihre Produktionsentwicklung?

Martin Schwarz: Wir sind beim Absatz, aber auch bei der Beschaffung auf eine globalisierte Wirtschaft angewiesen. Nichtsdestotrotz müssen wir das Risiko mindern. Wir reduzieren interne Teileströme, indem wir zum Beispiel Kunststoffteile sowohl in den USA als auch in Deutschland produzieren. Macht das, wie bei der Zylinderfertigung in Brasilien, aus technologischen und Kostengründen keinen Sinn, versuchen wir das Risiko über den Aufbau von Pufferbeständen zu kompensieren. Dabei hilft uns die solide Kapitalaufstellung von Stihl. Zudem sind wir im Gespräch mit Lieferanten, welche Teile in der interkontinentalen Kette wir in die Eigenfertigung aufnehmen oder wieder an Lieferanten auslagern können.

LuPe: Wie treffen Sie in der angespannten Welt- und Wirtschaftslage die notwendigen Entscheidungen?

Martin Schwarz: Bislang waren unsere unternehmerischen Entscheidungen vor allem qualitäts- und nachgelagert kostengetrieben. Nun kommen resiliente Lieferketten und noch stärker als bisher die Nachhaltigkeit hinzu. Wir weiten die Entscheidungskriterien aus und beziehen die unterschiedlichsten Sichtweisen im Unternehmen mit ein. Das ist kompliziert, führt aber zu richtigen Entscheidungen, bei denen wir auch Risiken eingehen müssen. Grundsätzlich zeigt die aktuelle Lage wie durch ein Brennglas die einseitige Abhängigkeit von einzelnen Lieferquellen und damit, wie wichtig eine Risikoreduzierungsstrategie auf politischer Ebene ist. Unsere Abhängigkeiten von russischem Gas, Halbleitern aus Taiwan oder Seltenen Erden aus China können wir nur im europäischen Verbund verringern beziehungsweise im Verbund der westlichen Werte und Welten.

Lupe 33 Titel Interview Martin Schwarz Stihl

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Norbert Albert
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